Diesen Text habe ich 2017 geschrieben:
Langsam verzweifele ich an meinen Mitmenschen. Eigentlich an der Menschheit im Allgemeinen, nämlich an der Trägheit der Masse, die sich allen guten Argumenten widersetzt:
Nicht mal die Klügsten meiner Freunde schaffen es, auf WhatsApp zu verzichten.
2014 wurde WhatsApp von Facebook gekauft. Man beteuerte, WhatsApp werde „autonom bleiben und unabhängig agieren“. 2016 war diese Zusage hinfällig: Zukünftig würden bestimmte Daten von Whats-App und Facebook ausgetauscht werden.
Weil ich bei Facebook bin, hatte der Konzern plötzlich Zugriff auf die Nummern all meiner Freunde, die – wie auch ich damals – WhatsApp nutzten. Sogar dann, wenn sie kein Facebook-Konto hatten.
Datenschützer wetterten, warnten, klagten. Ich beschloss, wie empfohlen, auszusteigen aus WhatsApp. Das klingt jetzt nach Heldin, nach Widerstand, Haltung und Opfer bringen und so.
Aber nein: Wäre ich eine Heldin, hätte ich mit beiden, mit Facebook und mit WhatsApp – ach, gleich mit dem ganzen Internet! – Schluss gemacht. Hab ich aber nicht. Für Facebook gibt es keine Alternative, deshalb kann ich mich nicht dazu durchringen, es zu verlassen.
WhatsApp zu verlassen
ist das unterste Level im Bemühen um den Status
„Mündige Verbraucherin“
Für WhatsApp dagegen gibt es Superersatz. Von WhatsApp zu einem sicheren Kurznachrichtendienst zu wechseln ist ungefähr so heldenhaft, wie zu beschließen: ab sofort Bio- statt Billig-Eier.
Es ist easy. Es sollte selbstverständlich sein für jeden, der denken kann und nicht vom Existenzminimum lebt. Es ist das allerallerunterste Level im Bemühen um den Status „Mündige Verbraucherin“.
Es geht so:
Man löscht sein WhatsApp-Konto und die App und sagt seinen Freunden, dass man dort nicht mehr erreichbar ist.
Die Freunde regen sich ganz doll auf und tun so, als habe man beschlossen, sich in der Zelle eines Schweigeklosters einmauern zu lassen: „Oh mein Gott, du bist dann ja quasi von allem abgeschnitten, wie soll das gehen?“
Dann entdecken sie, dass sie einem auch normale SMS schreiben können, und regen sich wieder ab. Man wechselt zu einem der sicheren Kurznachrichtendienste, davon gibt es mehrere.
Ich bin bei Threema.* Threema kostet was, einmalig 3,99 Euro. Man lädt die App herunter, folgt den Anweisungen und benutzt sie.
Threema kann alles, was WhatsApp kann, bis auf das Senden des Live-Standortes.
Dafür kann Threema noch etwas viel Tolleres: Beim Einrichten erhält man einen zufällig erstellten ID-Code, mit dem kann man auch völlig anonym chatten, wenn man möchte. Also ohne seine Nummer preiszugeben.
Bei Threema ist quasi niemand
außer mir und meiner Familie –
weil ich sie gezwungen habe
Meine Threema-ID lautet 7YWUCK4X. Wärest du bei Threema könntest du mir auf mein Handy schreiben, wie sehr ich dir mit meiner Predigt zum Thema „Datenschutz“ auf den Zeiger gehe.
Leider bist du nicht bei Threema. Denn bei Threema ist quasi niemand außer mir. Und meinem Mann und den Kindern, die ich gezwungen habe, den Familien-Gruppenchat von WhatsApp dorthin zu verlegen.
Doch, drei Freundinnen sind mir dorthin gefolgt. Die anderen sagen, wenn ich sie zu bequatschen versuche: „Klingt vernünftig. Aber die anderen sind ja alle bei WhatsApp, und bei Threema und Signal ist ja keiner, was soll ich denn dann da?“
Dann möchte ich schreien: „Stimmt, ihr Witzbolde! Wenn niemand zu Threema geht, nur weil da noch keiner ist, ist auch in Zukunft niemand bei Threema und Signal. Dann wird alles immer bleiben, wie es ist! Nie wird irgendwas besser werden!”
Wollt ihr das?
* Inzwischen – seit Januar 2021 – bin ich außerden bei Signal. Signal ist kostenlos. Am 1. Februar 2021 werde ich meinen WhatsApp-Account ein zweites Mal löschen, endgültig
right!
ich hielt den Beitrag für Sarkasmus, aber anscheinend…
Ich richte die Smarties der ges. Familie ein (und die PC’s, Receiver…) aber wenn da kein WhatsApp ist, kein Google-Mail (oder auf dem PC gar Linux statt Windoof) ist das permanente Gejammer nicht auszuhalten.
Das ist der Trick an der Sache.
Do’nt make me think.
So läuft’s mit Doof&Faul, also >90% unserer Gesellschaft.
So verdient Microsoft, Amazon, Facebook, Apple etc. Mrd…. und wer es schon da nicht schafft, der hat auch noch ein Konto bei der Sparkasse und beim örtlichen Energieversorger.
Da hilft nur Denken …
Ich bin übrigens noch beim örtlichen Energieversorger, weil ich darüber nachgedacht habe, wer denn zum Beispiel die Schwimmbäder betreiben soll, wenn es nicht auch Sparten gibt, mit der man auch Geld verdienen kann.
Also ich bin auch bei Threema wie auch bei Signal. WhatsApp verarscht alle User und geklaut sie auch noch. Angeblich nicht in Europa aber wo anders.Komisch das letzten Sommer darauf ein Gerichtsurteil geben soll ,da sie unsere Daten weiter gab. Und deshalb haben sie ihre Datenschutzbestimmungen ändern mußte. Leute kehrt bitte WhatsApp den Rücken wenn nicht machen das bald alle mit uns und unseren Mitmenschen.
Ich bin auch noch bei WhatsApp, seit 2014(?) bei Threema und seit ca. einem Jahr bei Signal. Facebook habe ich quasi versenkt, das öffne ich ca 1x im Jahr auf dem PC und auf meinem Smartphone und IPad habe ich die App gelöscht.
Zu Threema sind 2014/2016 ein paar gewechselt, nutzen aber weiterhin hauptsächlich WhatsApp. Zu Signal sind jetzt deutlich mehr gewechselt, aber immer noch nicht alle meine wichtigsten Kontakte. Leider habe ich einen Chat mit einer von mir unterrichteten Alphabetisierungsgruppe von Migrantinnen und Migranten. Die haben nur WhatsApp, selbst der Fitteste hat keine Emailadresse. Ohne diese Gruppe wäre ich jetzt spätestens raus, denn obwohl ich WhatsApp den Zugriff auf meine Kontakte verweigere (wenn ich einen neuen TN hinzufüge, muss ich es allerdings doch erlauben) und auch den Zugriff auf meine Fotos bei WhatsApp und im Datenschutz verweigere, kann WhatsApp da neuerdings drauf zugreifen.
Leider installieren sich immer noch zu wenige Alternativen, so bleibt WhatsApp nach wie vor groß. Schade.
Ich habe mich am 31.10.2020 konsequent aus den sozialen Netzwerken zurückgezogen. Seither habe ich freie Zeit, bin entspannter, finde neue Dinge wieder spannend und … fühle mich isoliert. Die Reaktionen meines Netzwerkes im Oktober in der Social Media Welt beliefen sich alle auf: „Dann kann ich Dich ja gar nicht mehr erreichen.“ und: „Du?! Die Social Media Queen schlechthin?! Du bist bestimmt bald wieder zurück.“ Signal und Treema haben sich auf jeden Fall in meinem Netzwerk nicht durchgesetzt. Heute, gut acht Monate später, bin ich wirklich raus, bekomme nicht mal mit, wenn meine Nachbarn im Urlaub sind und schwanke immer noch zwischen Entsetzen, Ungläubigkeit und Zufriedenheit, wenn mir mein Netzwerk persönlich mit den Worten begegnet: „Habe Dir ’ne WhatsApp geschickt (im November 2020), aber Deine Häkchen sind nicht blau. Hast Du Deinen Nummer geändert?“ Dass man einfach nicht mehr bei wa, fb oder insta ist, scheint keine Option zu sein. Danach folgt Schweigen, verständnisloses Staunen und endet in einem mitleidigen: „Naja, meld‘ Dich mal. Schade, dass Du nichts mehr postest, das war immer so lustig und inspirierend.“ … Staunen, Bedauern und Belustigung meinerseits 🙂 Aber eine Antwort habe ich darauf bisher nicht gefunden. Nun gehe ich in die nächste Selbtversuchsphase (so fühlt es sich seit Oktober an): Kann man im Job auch ohne fb bestehen?